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Was ist ein autoritärer Erziehungsstil und wie kann ich Kindern Grenzen setzen?

Autoritärer Erziehungsstil

Was ist ein autoritärer Erziehungsstil und wie kann ich Kindern Grenzen setzen?

Ein autoritärer Erziehungsstil war über Jahrhunderte allgemein akzeptierte Form der Kindererziehung. Erst in den 1960er Jahren kamen erste Zweifel daran auf, dass dieser Erziehungsstil zu einer gesunden Entwicklung führen wird. Heutzutage ist sich die Forschung weitestgehend darüber einig, dass ein autoritärer Erziehungsstil veraltet ist.

Worin besteht ein autoritärer Erziehungsstil?

Diese Art der Erziehung wird mit strengen Regeln und oft harten Bestrafungen in Verbindung gebracht. Es geht darum, Kinder zu disziplinieren und sie in bestimmte Regeln und Verhaltensweisen zu verpflichten. Autoritäre Eltern neigen dazu, die Kontrolle über das Verhalten ihrer Kinder engmaschig zu halten und sie möglicherweise nicht oder nur wenig entscheiden zu lassen.

Autoritäre Eltern versuchen häufig ihre Macht über das Kind auszuüben, indem sie bestimmte Regeln konsequent anwenden und gleichzeitig alle Entscheidungsfindungen selbst vornehmen. Oftmals setzen solche Eltern ein großes Maß an Disziplin durch, um ihre Ziele zu erreichen. Dafür setzen sie sowohl Belohnungen als auch Bestrafungen ein.

Ein autoritärer Erziehungsstil hat das Ideal eines „wohlgeratenen“ Kindes im Blick. Dieses Ideal orientiert sich vor allem an Maßstäben, die dem Kind selbst fremd sind, wie den Bedürfnissen der Eltern und den sozialen Anforderungen. Getreu dem Grundsatz „Kinder sollte man sehen, aber nicht hören“ stehen Sekundärtugenden wie Ordnung, Fleiß und Gehorsam im Zentrum. Auf diese Weise sorgt ein autoritärer Erziehungsstil dafür, dass die Kinder den Eltern möglichst wenig Probleme machen.

Autoritärer Erziehungsstil: Ein Beispiel

Alex, 15, hat bisher immer gute Leistungen in der Schule erbracht, was die Eltern durch Anreize wie Strafen und Belohnungen gefördert haben. Für jede 1 bekommt Alex 10 Euro, für jede 2 gibt es 5 Euro. Bei einer 3 wird das Handy von Alex nachmittags weggenommen, damit mehr Zeit zum Lernen am Schreibtisch da ist, und bei einer 4 bekommt Alex eine Woche Stubenarrest. Auf diese Weise soll der Lernrückstand aufgeholt werden.

Es gibt also sehr eindeutige Regeln, die konsequent angewandt werden. Diese Regeln sollen Alex dazu bringen, bestimmten sozialen Anforderungen wie den Erwartungen an gute schulische Leistungen gerecht zu werden. Die Art, wie das erwünschte Verhalten gefördert und das unerwünschte verhindert wird, ist dabei unpersönlich und hat wenig mit Alex‘ eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu tun.

In letzter Zeit sind die Noten von Alex deutlich schlechter als sonst. Die Eltern reagieren darauf mit immer härteren Strafen wie Stubenarrest, Handy- und Computerverbot, Streichung des Taschengelds und der Stornierung des für die Ferien geplanten Urlaubs. Was sie nicht wissen: Alex leidet unter Mobbing in der Schule und kann sich daher kaum auf den Unterrichtsstoff konzentrieren.

Alex hat gelernt, dass es nichts Wichtigeres gibt, als die Eltern zufriedenzustellen und Enttäuschungen für sie zu vermeiden. Daher werden die Eltern nicht erfahren, warum Alex‘ Noten schlechter geworden sind, denn die Gründe spielen keine Rolle. Allein Ergebnisse zählen. Die Eltern ihrerseits kennen nur eine Möglichkeit, wie sie das unerwünschte Verhalten bei Alex vermeiden können. Obwohl diese Option versagt, arbeiten sie weiterhin mit immer strengeren Strafen. So vermitteln sie Alex, dass sie immer mehr enttäuscht sind, was bei ihrem Kind zu noch mehr Versagensangst führt.

Diese Wirkung hat ein autoritärer Erziehungsstil

Kinder, in deren Familie ein autoritärer Erziehungsstil vorherrscht, sind diszipliniert, fleißig und brav. Sie haben klare Strukturen und wissen genau, was von ihnen erwartet wird. Dabei lernen sie die Grundregeln schnell. Das kann einer seiner Vorteile sein, weil so gut wie alle Menschen im Leben in Situationen kommen werden, in denen sie sich einer Autorität unterordnen müssen. Andererseits bringt ein autoritärer Erziehungsstil langfristig eher Nachteile mit sich. Zum Beispiel haben Kinder möglicherweise nicht die Fähigkeit Probleme anzugehen oder Entscheidungen zu treffen, speziell solche in Konfliktsituationen oder schwierigen Umgebungen.

Der Grund dafür ist, dass ein autoritärer Erziehungsstil die Verantwortung bei den Eltern lässt. Die Kinder haben wenig bis keine Veranlassung zur Entwicklung von Eigeninitiative und sind vor allem extrinsisch, also durch äußere Faktoren, motiviert und nicht durch ihre eigenen Interessen und Wünsche.

Weil sich das Verhalten der Kinder in erster Linie daran orientiert, dass sie die Eltern nicht enttäuschen wollen, kann dies dazu führen, dass sie andauernd das Gefühl haben, sie seien nicht gut genug. Ein solches Gefühl steht auf Dauer der gesunden emotionalen Entwicklung im Weg und kann noch im Erwachsenenleben Probleme machen.

Weiterhin kann ein autoritärer Erziehungsstil dazu führen, dass die Kinder gegenüber Schwächeren zu aggressivem Verhalten neigen. Dies ist nicht unbedingt ein Ausdruck von Boshaftigkeit. Viel häufiger wollen sie damit die Aufmerksamkeit der Eltern auf sich ziehen. Weil sie gelernt haben, dass sie diese nur erhalten, wenn sie Grenzen überschreiten, erscheint ihnen ein gezielter Bruch von Regeln als einzige Möglichkeit.

Grenzen setzen, aber richtig

Ein autoritärer Erziehungsstil war verbreitet zu Zeiten, als man vor allem gute Untertanen haben wollte. Kreativität und Eigeninitiative hielt man nicht für wichtig oder sah man sogar als ein Problem an. In der heutigen Zeit ist man sich einig, dass Kinder zu selbstbestimmten Personen heranwachsen sollten, und ein autoritärer Erziehungsstil da eher hinderlich ist. Aus diesem Grund bevorzugen die meisten Eltern andere Erziehungsstile, wie etwa den demokratischen.

Dass ein autoritärer Erziehungsstil deutlich mehr Nachteile als Vorteile hat, bedeutet nun nicht, dass Du bei Deinen Kindern auf Regeln und Vorgaben verzichten solltest. Natürlich ist es wichtig, dass Du Deinen Kindern Grenzen setzt, Erwartungen formulierst und dafür sorgst, dass sie sich daran halten.

Entscheidend ist aber, welchen Zwecken diese Grenzen und Erwartungen letztlich dienen, und wie Du sie durchsetzt. Geht es in erster Linie darum, dass Deine Kinder einen guten Eindruck und wenig Schwierigkeiten machen, oder dienen diese Grenzen ihrem eigenen Wohl? Müssen sie Angst davor haben, dass sie Dich enttäuschen könnten, oder hast Du ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Nöte? Denke immer daran, dass Autorität vor allem Verantwortung bedeutet.

Autoritärer Erziehungsstil – FAQ

Welche Merkmale hat ein autoritärer Erziehungsstil?

Ein autoritärer Erziehungsstil zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Eltern klare Vorgaben machen und sie durch Belohnungen und Strafen durchsetzen.

Welche Vorteile hat ein autoritärer Erziehungsstil?

Ein autoritärer Erziehungsstil hat die Vorteile, dass die Kinder genau wissen, was von ihnen erwartet wird. Außerdem gewöhnen sie sich an den Umgang mit Autoritätspersonen.

Welche Nachteile hat ein autoritärer Erziehungsstil?

Die Nachteile, die ein autoritärer Erziehungsstil hat, bestehen vor allem darin, dass die Kinder wenig Eigeninitiative entwickeln. Zudem steht er einer gesunden emotionalen Entwicklung im Weg und kann zu psychischen Schäden führen.

Quellen

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